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Historischer Rückblick

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wälzte sich die Thur in weiten Mäandern durch das Thurtal. Dies beanspruchte viel Platz. Die Überschwemmungen zerstörten immer wieder Siedlungen, Gehöfte und Felder. Jede Gemeinde kämpfte alleine gegen den Fluss und die ungebändigte Wasserkraft an. Oft leiteten die punktuell erstellten Verbauungen (Wuhre) das Wasser ans Ufer der Nachbargemeinden. Zwist und Streitereien waren an der Tagesordnung.

Erstes Thurrichtprojekt

Der Unterhalt der Gewässer konnte nach der Gründung des Kantons Thurgau ab 1803 zur kantonalen Aufgabe erklärt werden. Dieser Schritt machte den Weg frei für ein übergeordnetes Thurrichtprojekt. Für die Verbauungen wurden verschiedene lokale Baumaterialien verwendet.

Die 1. Thurkorrektion brachte einen massgeblichen Wandel im Thurtal. Der Schutz des Thurtals vor Hochwasser basiert seither auf einer durchgehend kanalisierten Thur mit flankierenden Schutzdämmen. Im Jahre 1890, rund 80 Jahre nach der Erstellung der ersten Pläne, war die 1. Thurkorrektion abgeschlossen.

Mit der Zeit wurde auch das Thurvorland landwirtschaftlich genutzt. Weiden und Fruchtfolgeflächen liegen heute teilweise direkt neben den Uferverbauungen.

Dämme und Kanal konnten Überschwemmungen nicht verhindern Während das neue System in einer Periode mit wenig Hochwasser hielt, kam es 1965, 1977 und 1978 zu Dammbrüchen mit Schäden in Millionenhöhe. Bei Starkniederschlägen gewann das Wasser im kanalisierten Fluss schnell an Fahrt.

Zudem verminderten Auflandungen die Abflusskapazität. So trat die Thur über die Ufer und sprengte die alten Dämme.

1870–1890: Für die Sicherung des Mittelgerinneufers wurden «Wuhren» verwendet, d. h. durch Pfahlreihen gestützte «Wuhrhäge», die aus biegsamem Holz, Buschwerk und Flechtwerk hergestellt wurden.
Dammbrüche bei Hochwasser: Die Dämme sind nicht genügend belastbar. Bei Hochwasser besteht die Gefahr, dass sie brechen.

Zweites Thurrichtprojekt

Nach den beiden Hochwassern 1977 und 1978 entstand im Jahre 1979 das zweite Thurrichtprojekt (TRP 1979). Es legte den Fokus auf einen ausreichenden technischen Schutz gegen Hochwasser. Ziel war eine Wiederherstellung des Verbauungs-Zustandes von 1890 im Rahmen der 2. Thurkorrektion. Die alten Schutzbauten wurden technisch verbessert (höhere und stärkere Dämme). Zur Verhinderung der Sohlenerosion wurden Sohl-Schwellen gebaut, die die Sohlenerosion aber nur punktuell eindämmen konnten.

Während die Verabschiedung des TRP 1979 noch relativ reibungslos über die Bühne ging, harzte es anschliessend während langer Jahre mit der Umsetzung von konkreten Projekten. Dies hatte verschiedene Ursachen: technische wie politische. Das erste und dringendste Projekt, Niederneunforn–Frauenfeld, wurde schliesslich ab 1993 realisiert und 2002 vollendet.

2008 wurde der Abschnitt bei Kradolf-Schönenberg fertiggestellt. Das vom Grossen Rat genehmigte Bauprojekt 2014 für den Abschnitt Weinfelden–Bürglen ist aktuell auf dem Rechtsweg hängig. Die massgebenden Elemente des Konzepts Thur+ sind darin bereits berücksichtigt.

Gesetzlicher Paradigmenwechsel 

In der Zwischenzeit hat ein gesetzlicher Paradigmenwechsel stattgefunden. Das Gewässerschutzgesetz (GschG) schreibt heute bei Eingriffen in ein Fliessgewässer vor, dass der natürliche Verlauf des Gewässers beibehalten oder, wo möglich, wiederhergestellt werden muss (Art. 37 Abs. 2 GSchG).

Ursprünglich wurden Siedlungen, Bauten und Anlagen ausserhalb der bekannten Gefahrengebiete gebaut. Heute wachsen die Siedlungen stets näher an die Thur und somit näher an die Gefahrenzone heran. Die Gefahrenkarten zeigen, welche Gebiete bedroht sind.

Ein Effekt des Klimawandels ist die Zunahme von Extremereignissen (mehr extrem hohe Niederschläge in ganz kurzer Zeit, aber auch mehr extreme und längere Trockenphasen). Darauf ist das Hochwasserschutz-System nicht ausgerichtet. Bereits 1997 initialisierte der Kanton deshalb eine Studie, um die künftigen Gefahren besser abschätzen zu können (Extremereignis-Analyse Thur). Fazit: Bei einem extremen Ereignis würde das Thurtal zwischen Kradolf und Uesslingen weitgehend überflutet, inklusive grosser Teile der heutigen Siedlungsgebiete von Bürglen, Weinfelden und Müllheim bis zum Siedlungsrand von Pfyn.

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